“Der Kapitalismus sorgt für mich”, hat Peter Licht der FAZ gesagt. Letztens sei ihm die Brille kaputt gegangen, und der Kapitalismus habe ihm eine neue besorgt. Weil Peter Licht trotzdem Lieder vom “Ende des Kapitalismus” singt, folgert die FAZ, dass er ein konservatives Moment zurück in den Pop bringe – die Einsicht, selbst Teil des Systems zu sein. Statt Klarheit und Krawall gebe es Luhmann und Sloterdijk.
Nun ist von Sloterdijk ist auf dem neuen Album glücklicherweise herzlich wenig zu hören: Seine Rilke-Exegese “Du musst dein Leben ändern” wiederholt Peter Licht so oft, bis nur noch ein netter Singsang bleibt. „Nur welches Leben soll ich ändern, und welches eben nicht“, fragt Peter Licht stattdessen zurück. Wie er überhaupt eine Menge fragt. So bleibt die Frage: Mit was für einer Haltung haben wir es hier zu tun? Denn nichts anderes versucht Kunst, sie will eine Haltung zur Welt ausdrücken.
Pop als Mogelpackung
Bei Peter Licht ist es naturgemäß schwierig mit Haltungen. Pop ist für ihn immer eine Mogelpackung, nur auf die richtige Verpackung komme es an, sagte er Spiegel Online. Auf der Verpackung steht dieses Mal „Das Ende der Beschwerde“ – doch auch das sei nicht wörtlich gemeint, das Album stelle lediglich den Versuch dar, die Beschwerden zu beenden.
Beim Hören erinnert man sich daran, dass kaum einer so schön Wörter aneinanderreihen kann dabei scheinbar immer noch einen tieferen Sinnzusammenhang bestehen lassen kann: Von “Gesellschaft ist toll, wenn nur all die Leute nicht wären” (Das Ende der Beschwerde), bis zu “Die Erfindung des Systems ist die Erfindung der Flucht” (Fluchtstück) – schöner hat es Luhmann auch nicht gesagt.
Flüchtige Haltungen
Spätestens bei “Ich war im Begriff, im freien Fall aufzusteigen und bin dabei, nach unten zu starten” (Steigen/Fallen) fragt man sich dann schon, was jenseits des Widerpruchs überhaupt noch übrigbleibt. Macht Peter Licht vielleicht einfach die perfekte Musik für Menschen ist, die von ihrem iPhone twittern: “Begrabt mein iPhone an der Biegung des Flusses”? Anders gefragt: Wozu das alles, wenn sich am Schluss eh nur wieder alles gegenseitig aufhebt?
Dabei ist “Das Ende der Beschwerde” ganz wörtlich gemeint ist: Lässt man all die Widersprüchlichkeiten beiseite – wen beschweren die nicht? – bleiben zwei Aussagen übrig: “Das Hier ist da, wo die Träume enden, wo die Welt beginnt” (Meine Alten Schuhe); vergesst die Utopien, kommt endlich hier an; Voraussetzung für die Flucht aus jedem System ist ein fester Ort, von dem aus man fliehen kann.
Und: “Diese Nacht sollten wir bleiben und wir sollten uns halten” (Wir sollten uns Halten). Das ist vielleicht nicht viel gegen ein System voller Widersprüche. Vielleicht ist es ein Anfang. Anders hält man das hier gar nicht aus.
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